An eine Rose
Ewig trägt im Mutterschoße,
Süße Königin der Flur !
Dich und mich die stille, große,
Allbelebende Natur;
Röschen ! unser Schmuck veraltet,
Stürm entblättern dich und mich,
Doch der ewge Kern entfaltet
Bald zu neuer Blüte sich.
(Friedrich Hölderlin)
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Die Rosen fangen an aufzugehen
Die Rosen fangen an aufzugehen, erst ein paar, die sich nur so
gedankenlos aufschlugen und gleich viel zu groß wurden, dann, seit
gestern, sorgfältigere, edlere Rosen, denen es darauf ankam,
langsamer zu sein, und sich zu fühlen im Aufgehen.
(Rainer Maria Rilke)
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Die volle Rose
Die volle Rose glüht so rein
in sich beschlossen.
In Duft ist ihr Gemüt,
in Licht ihr Geist gegossen.
Wer sich in sie vertieft,
der sieht vollendet ganz
die Schöpfung,
und es trieft die Welt
von Gottes Glanz.
(Friedrich Rückert)
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Eine einsame Rose
Eine einsame Rose in müder Hand -
und niemand, dem ich sie schenken kann!
In dessen züchtigen Busengewand
ich ihr glühendes Rot versenken kann ...
daß freundlich bei dem duftigen Pfand
sein Herzchen meiner gedenken kann ...
Eine einsame Rose in müder Hand -
und niemand, dem ich sie schenken kann!
(Christian Morgenstern)
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Ode an diese Rose
An die Rose,
an diese Rose,
die einzige,
an diese schwebende erschlossene
reife Rose,
an ihre samtene Tiefe,
an das Aufbrechen ihres Schoßes rot.
Sie glaubten,
ja,
sie glaubten,
ich verzichte auf dich,
ich sänge dich nicht,
du wärest, Rose, nicht die meine,
sondern fremd mir,
ich ginge,
ohne dich anzuschauen,
durch die Welt,
einzig besorgt
um den Menschen
und seinen Kampf.
(Pablo Neruda)
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... Zeit mit Rosen ...
Ich würde die Zeit mit Rosen zudecken,
damit sie sich nicht erinnert,
eine Rose - anders - mit seltsamem Zauber
über jede einsame Stunde
aus Gold oder Schatten -
linderndes Vergessen für traurige Erinnerungen,
die wie göttliche Kletterrosen,
dunkelrote, weiße,
der Vergangenheit keinen Platz lassen.
(Juan Ramon Jimenez)